Sahra fragt, ob ich kurz Zeit habe. Die Stimmung ist seltsam zwischen uns. Ehrlich gesagt, schon länger.
Wenn man die alte Lady über Wasser halten will – mit diesen Tierzahlen und dem Anspruch, mehr zu sein als „nur“ ein Tierheim – dann hat das seinen Preis. Einsamkeit habe ich hier gelernt. Ich kenne Gegenwind. Und ich weiß, dass sich Dinge ändern müssen, egal, wie ich mich dabei fühle. Jeden Tag muss ich lernen, ein anderer Dominic zu sein, als ich gestern war. Heute wird das schwer.
Sahra steht vor mir, ihre Kündigung in der Hand. Ich weiß in dem Moment, dass ich den Weg dafür geebnet habe. Ich bin mitschuldig. Nicht, weil es wollte oder geplant habe, sondern weil ich einfach gehofft habe, dass es irgendwie wieder gut wird. Kein guter Chefmove. Punkt.
Dass es mal nicht passt, ist eine Sache. Aber das hier? Das ist Sahra. Ein Mensch, der noch unsere riesigen Sommerfeste kennt. Den der Zoo, die Katzenausläufe – ach, einfach alles mit aufgebaut hat. Sahras Energie, ihr Ärmelhochkrempeln… Keine Liste blieb unbearbeitet. Jeder, der jemals eine Führung bei uns mitgemacht hat, weiß, was dir, alte Lady, ab heute fehlen wird.
Ich stehe auf und nehme sie in den Arm. Sie weint.
„Ich dachte, du wärst jetzt voll sauer!“
Auch darüber bin ich erschrocken. Ich fühle weder Wut noch Erleichterung. Ich bin traurig. Ich habe großen Respekt vor ihrer Entscheidung – und vor jedem Tag, den du, Sahra, dieser alten Lady gegeben hast. Du hast sie mit zu dem Ort gemacht, der sie heute ist.
Aber ja, wir haben uns verrannt. Jeder auf seine Weise. Du auf deine, ich auf meine. Du sorgst jetzt für ein Ende mit Schrecken. Ich nehme eine Aufgabe mit: zu spät. Das muss ich mir eingestehen.
Ich versammle die Crew und teile Sahras Entscheidung mit. Und ich sage es so, wie ich es meine: „Es bleibt so viel von dir hier. Es ist und bleibt dein Tierheim, Sahra. Kehre immer wieder gerne ein. Zu jeder Zeit, es ist dein Zuhause.“
Ich nehme an diesem Abend alles mit an Gefühlen. Selten war ich so enttäuscht von mir.