13/24 – Salziger Kaffee

Die alte Lady und der betrunkene Leuchtturm

„Es ist alles voll! Alles!“ 

Daniela wirkt verzweifelt, während Neele mit einem Korb Kitten an mir vorbeiläuft. „Die müssen tagsüber hier auch noch irgendwie unterkommen …“
210 Katzen wohnen zu diesem Zeitpunkt bei uns.

Ach, weißt du, alte Lady… Letzte Woche hatten wir 18 Vermittlungen, und da will ich dich umarmen. 

Nun umarmst du zu doll zurück. Denn in derselben Woche kamen einfach mal 53 neue Katzen dazu.


„Kein Ding, alte Lady. Klar, gerne. Sonst noch was?“ denke ich. „Deine Umarmungen können einen echt erdrücken!“

Und nun schauen wir mal auf das Ding mit Jasmin. Jasmin backt seit Monaten jedes Wochenende Kuchen, bietet ihn gegen Spenden an und hat dadurch einen enorm wichtigen Beitrag zu unseren Einnahmen geleistet. Dieses kleine Café im Fuchsbau ist längst ein fester Bestandteil geworden. Wenn sie samstags kommt, die Küche in Beschlag nimmt, ihre Stühle und Kissen zurechtrückt, den Puderzucker über ihre neuesten Kreationen streut – dann ist genau das, was die Besucher hier so schätzen. Dieses „mehr als nur ein Tierheim“.

Und jetzt zurück zu Daniela, naja, eher zu den 210 Katzen. Ich schnappe mir Samstag das Handy und drehe ein kleines Video. Ich erzähle, dass so viele Katzen auf ein Zuhause warten und dass man auch einfach so vorbeikommen kann, um zu schauen. Wir leben einfach davon, dass wir viele Leute zu uns bekommen. Die müssen nicht unbedingt selbst eine Katze nehmen, aber vielleicht erzählen sie ihren Nachbarn, Geschwistern oder Freunden, dass es hier nett ist – und diese sollen dann gefälligst schnell zur alten Lady kommen, wenn sie eine Katze suchen.

Ich poste also das Video.

Am Sonntagnachmittag laufe ich durchs Tierheim, vertröste Leute, probiere alles zu managen, voller Freude über den Besucheransturm. Wir kamen kaum hinterher! Überall hatten wir Vorgespräche und Interessenten.

Ich kürze einmal kurz durch die Küche ab, um einen Vertrag zu holen.

Doch dann sehe ich Jasmin mit einem Kaffee in der Hand. Ihre Körpersprache spricht Bände. Man sollte sie jetzt besser nicht ansprechen. Was ich natürlich trotzdem tue.

Es bricht aus ihr heraus: Tränen, Zorn – Wut.
Adressat: Ich.

Ich habe dafür Empathie aber keine Einsicht. Ich verlasse den Raum.