Du gehst… Wir bleiben… Machtlos.

Lip, wie viele und laute Texte braucht es noch, damit das, was mit dir passiert ist, endlich aufhört?

Neulich in unserer Story stellten wir euch drei Welpen, drei kleine Hundebrüder vor. Wir fragten nach euren Namensvorschlägen. Das Team entschied sich für den Vorschlag: Lip, Carl und Ian – freche Namen sollten es sein.

Die Drei Jungs hatten eine Menge hinter sich. An einem dieser starken Regentage, im bitterkalten Januar, wurden sie auf einem Autobahnparkplatz ausgesetzt. Aus einer wohlüberlegten Zucht kamt ihr wohl nicht. Herzlich Willkommen in der Welt des rücksichtslosen Profits alias Welpenhandel.

Das Jahr ist erst ein paar Tage alt und doch fühlt es sich so an, als wäre der Januar nun schon sieben Monate lang. Seit Tagen bekommen wir Mails, wie es den Dreien geht und ob wir nun Namen für sie haben.

Entschuldigt die späte Antwort, aber manche Dinge tun nicht nur oberflächlich weh – wir kämpfen immer noch.

Lip, der größte von unseren Dreien, spielte morgens noch topfit mit Ian und Carl die wichtigsten aller Welpendisziplinen durch: Tauziehen, Herumkugeln und ganz wichtig Buffen. Zumindest so tun, als ob.

24 Stunden später…

Vorsichtig hebt Jaymee Lips Kopf an. Er ist so schlapp, dass nichts mehr geht. Sein Zucken an den Hinterbeinen, sein zu schwach sein, um die Augen öffnen zu können verrät, dass hier alles enden wird.

Die Tierpfleger mussten zusehen, wie Carl und Ian verzweifelt, verunsichert, hilflos agierten. Und nein, das war kein Spielversuch. Es war Panik. Stupsen und Bellen, immer wieder um Lip herumlaufen, Jaymee anbellen… es brach uns das Herz. Vorsichtig nahm Jaymee Lip aus seinem Körbchen. Auf Höhe von Ian und Carl hielt sie kurz inne, resigniert verstummten die beiden Hundekinder. Es war das letzte Mal, dass sie ihren großen Bruder Lip gesehen haben.

Als Notfall in der Praxis angekommen, verschlechterte sich Lips Zustand zusehends. Es folgten neurologische Ausfälle und trotz aller Maßnahmen, mussten wir sehr schnell beschließen, den nur ein paar Wochen alten und beschützenden großen Bruder gehen zu lassen.

Inzwischen sind die meisten Tests ausgewertet und keine der typischen Hundeerkrankungen konnte nachgewiesen werden. Wir allerdings haben eine Diagnose. Sie lautet: Welpenhandel.

Jeder Tierschutzverein, jedes Tierheim weiß, wovon wir reden. Und jeder Parkplatzverkäufer, jeder Online- oder Vorortkäufer, sind das Virus. Eine Pandemie des Grauens und des Profits.

Doch die Geschichte ist leider noch nicht zu Ende. Neulich stand ich am Wochenende im Tierheimcafé und ein Besucher fragte mich, wie es den Dreien eigentlich geht. Ich erzählte nur kurz von Lip. Ich bekam mit, dass ich aus diesem Gespräch raus wollte. Nicht, dass es mich nerven würde, wenn mich jemand etwas fragt oder ich etwas verschweigen will, es ist mehr diese Ohnmacht und das Wissen, dass zwar für Carl und Ian gerade alles ganz gut läuft, man aber inzwischen gelernt hat, dass das noch gar nichts heißt.

Ich erinnere mich noch, dass sie mich nach den Namen der Welpen fragten und ich nur: „Das müsst ihr Jaymee fragen“ antwortete. Dieser Moment hat mich einerseits schockiert, doch andererseits bestärkt, diesen Text hier doch zu verfassen. Es ist unsere Pflicht, darüber zu berichten und die Menschen so oft es geht daran zu erinnern, dass dieser Welpenhandel nur funktioniert, wenn es einen Käufer gibt. Und wenn es viele Käufer gibt, sogar noch besser. Unsere drei Brüder waren einfach Sondermüll. Man entsorgt ein Problem. Im Januar, bei Regen und Temperaturen um null Grad.

Wenn ihr so etwas im Internet seht, wenn ein Tier ohne Verein oder eine ordentliche Anlaufstelle, die in Deutschland ist, mit Menschen, die Ansprechpartner bleiben, wenn ein komischer oder gar kein Vertrag gemacht wird, sagt einfach: Nein. Sagst du ja, rettest du damit kein Leben, du erzeugst unglaublich viele neue Leben voller Leid. So einfach ist das.

So eine Aussage wegen eines verstorbenen Welpen? Nein, obwohl der süße Lip es wert wäre – aber leider haben wir seit Sonntag schlechte Nachrichten, was Carl betrifft. Carl bekam abends erst ein trübes und dann ein stechend blaues Auge. Diagnose: Trübung des Auges aufgrund eines endothelialen Ödems. Häufig durch Staupe ausgelöst. Alle Tests in Richtung Staupe bisher negativ. Und so verbleiben die beiden Brüder in einer strengen Quarantäne während des Welpenalters, wir versuchen alles Menschenmögliche und können nur hoffen, dass viele von euch mit hoffen, die Daumen drücken und keiner der Leser jemals auf die Idee kommt, den Welpenhandel zu unterstützen.

Mehr geht zur Zeit nicht. Auf das Carl und Ian leben dürfen. Hier ganz ohne Profitgier. Nur für den Menschenverstand namens Tierliebe.

Machs gut Lip, hoffentlich hat dein kleines Leben doch noch irgendwie Sinn gemacht.

Dominic, deine Tierheim Crew und deine Brüder Ian und Carl. <3

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